Donnerstag, 29. September 2011

DARF’S EIN BISSCHEN GRAS SEIN?

                                           Bildnachweiss: bettyscuisine.blogspot.com/.../blog-post_27.html

N
ichts ist für mich so urgriechisch wie »Gras«. Chórta (χόρτα) ist die Bezeichnung, die der Grieche allem verpasst, was als Kraut oder Unkraut oder sonst wie grünlich auf dem Boden wächst. Grünzeugs also – oder eben »Gras«, wie Boss mir diese Nationalspeise seinerzeit grinsend vorstellte.
Es gibt die unterschiedlichsten Sorten von Chórta – wir nehmen meistens die rötlichen löwenzahnartigen Blätter oder einfach diese Kreuzung zwischen Löwenzahn und Distel, die draußen im Garten unter den Zitronenbäumen hervorschießt. Viele andere Arten wachsen auf den Bergen ringsumher. Die Griechen haben für jede ihrer Chórtapflanzen einen eigenen Namen: »Vlítha«, »Raídio«, »Kafkalíthra«, »Láppassos« und viele mehr. Im Frühjahr hat mir eine Freundin auch mal Wildspargel von Paros mitgebracht.
Chórta – davon sind hier alle überzeugt, ist ausgesprochen gesund und enthält viele Mineralstoffe und Vitamine, die der Körper braucht. Denn sonst, so erklärte man mir, hätte der Grieche sicherlich die Kriegsjahre nicht überstanden. Während des zweiten Weltkrieges waren Häfen und Zufahrten nach Griechenland teilweise komplett barrikadiert. Essen gab es wenig und das Volk hungerte. Ohne die Fähigkeit, auch aus »Gras« ein Essen zu machen, wären während der kargen Jahre viele verhungert.
Wir haben Chórta probiert – zunächst einmal im Lokal. Heute ist es fester Bestandteil unserer Speisekarte und kommt sehr häufig warm oder kalt auf den Tisch. In Speisekarten findet man es auf die kuriosesten Arten übersetzt: Berggemüse, Wildgemüse, grünes Gemüse nach Jahreszeit. Schaut man in den griechischen Text, heißt es einfach »Chórta«, und der Kellner klärt auf, welche Sorte oder Sortenmix man denn heute hat.
Es hat geschmeckt. Sogar so gut, dass wir uns anschließend Samen mitgenommen haben, um das Gemüse im Garten in Deutschland zu ziehen. Das hat dann zwar insofern geklappt, als es gewachsen ist. Insofern aber dann auch wieder nicht, weil es nicht schmeckte. Ihm fehlte wohl die mediterrane Sonne zum wirklichen Gedeihen...Auszug aus "ZITRONEN AUS HELLAS" von Edit Engelmann ISBN: 978-3-942223-09-6

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